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Von der Schulbühne auf die großen Bühnen der Welt: Im Gespräch mit Sopranistin Giulia Scopelliti
Von der Schulbühne auf die großen Bühnen der Welt: Im Gespräch mit Sopranistin Giulia Scopelliti
Von der Schulbühne auf die großen Bühnen der Welt: Im Gespräch mit Sopranistin Giulia Scopelliti
2025-10-25 · A. Geibel

Am 25. Oktober kehrte im Rahmen der Konzertreihe „Classic im Schloss“ ein ganz besonderer Gast in das Schloss Rennhof zurück: die professionelle Opernsängerin Giulia Scopelliti, eine ehemalige Schülerin unseres Gymnasiums. Nach vielen erfolgreichen Jahren an internationalen Bühnen, wie der renommierten Opéra de Lyon, begeisterte die Sopranistin ihr Lampertheimer Publikum. Die Absolventin des Privaten Litauischen Gymnasiums spricht über den langen Weg von der Schulbühne zur Oper, die Herausforderungen des Berufs und die emotionalen Momente der Heimkehr.

Haben Sie in der Schule schon davon geträumt, Opernsängerin zu werden, oder entstand dieser Wunsch später?
Tief in mir verwurzelt war schon immer der starke Wunsch zu musizieren. Während der Schulzeit hat sich dies dann mehr und mehr konkretisiert. Ich habe jahrelang als Pianistin im Schulorchester mitgewirkt und unterstützt von der Musikschule Lampertheim und meiner Klavierlehrerin Prof. Ulrike Wohlwender auch ein Trio gegründet „Trio Clarisco“ (Klavier/Violine/Violoncello). Das Singen war für mich ein immer begleitendes Hobby – vor allem italienische Pop-Musik. An so manchen Schulevents durfte ich sogar meine eigenen Lieder (Chansons) präsentieren, die ich geschrieben hatte, und mich dann mit Mikrofon am Klavier selbst begleiten. Somit hat die Schule mich in dieser Hinsicht sehr gefördert und ich habe hier schon erste sängerische Bühnenerfahrungen sammeln dürfen.
So entstand der Wunsch in mir, ernsthaft Sängerin zu werden in irgendeiner Form. In der Oberstufe begann ich dann, erstmals nebenher Unterricht in klassischem Gesang zu nehmen und mehr und mehr wurde mir klar: ich wollte Gesang studieren und mich in die Welt der Oper begeben.

Wie sah der Übergang von der Schule zum Studium/zur Ausbildung aus?
Nach dem Abitur bereitete ich mich intensiv auf die Aufnahmeprüfung für die Musikhochschule vor. Dazu gehörte nicht nur die Stimme, sondern auch Musiktheorie/Gehörbildung und Klavier. Ich fand eine sehr gute Gesangslehrerin in Stuttgart, zu der ich regelmäßig fuhr und die mich gezielt auf die Aufnahmeprüfung vorbereitete und mit mir an der Gesangstechnik arbeitete. Zur Überbrückung begann ich an der Universität Mannheim Sprachen zu studieren (Französisch/Italienisch) für Lehramt an Gymnasien, denn Sprachen waren schon immer meine zweite Leidenschaft nach der Musik. Und das wäre sozusagen mein Plan B gewesen. Als ich dann an der Musikhochschule Mannheim einen Studienplatz bekam, war die Freude natürlich riesig groß – mir war damals noch nicht klar, dass dies erst der Anfang eines langen, schönen, aber auch harten Weges sein würde.

Was war die größte Herausforderung auf dem Weg zur professionellen Opernsängerin?
Die größte Herausforderung für mich bestand darin, dem enormen Druck während des Studiums standzuhalten. Nicht nur die Technik wurde geformt in uns Sängern, sondern es war vor allem eine Entwicklung der Persönlichkeit, physisch und psychisch. Man war (bzw. ist, denn es hört niemals auf) stets mit sich selbst konfrontiert, vor dem eigenen Spiegelbild, die Professoren wiesen auf die noch so kleine Schwäche in einem hin, man musste lernen mit ständiger Kritik umzugehen, nichts zu sehr an sich heranzulassen, so manches Mal flossen auch die Tränen. Denn an der eigenen Stimme zu arbeiten, heißt auch an sich selbst, dem Körper und Geist zu arbeiten und zugleich einen tiefen Einblick in die Seele zu geben. Schließlich ist die Stimme ein Instrument, bloß ist sie nicht wie eine Violine oder eine Klarinette nach Belieben zu nehmen, zu pflegen und wegzuräumen. Bei der Stimme sind wir der Klangkörper mit unseren Resonanzen, das Instrument sitzt in uns – das Instrument sind wir selbst. Und sind wir nicht top in Form, so kann sich dies auch auf die Stimme auswirken.
Es braucht viel Disziplin und Selbstbeherrschung, doch all das ist es wert, denn die Momente auf der Bühne sind dafür unbezahlbar.

Gibt es einen Erfolg oder eine Rolle in Ihrer bisherigen Karriere, auf die Sie besonders stolz sind?
Vor 3 Jahren, direkt nach Ende meines Master-Studiums, hat sich mit zwei Vorsingen/Auditions innerhalb einer Woche mein zukünftiges Leben entschieden. Ein Vorsingen war in Genua (Italien) für die Rolle der Fiorilla aus „Il Turco in Italia“ von Rossini am Teatro Carlo Felice im Rahmen der Accademia di alto perfezionamento unter der Leitung von Francesco Meli und wenige Tage später das Vorsingen an der Opéra de Lyon für das dortige internationale Opernstudio, wofür sich über 1000 junge Sänger beworben haben, darunter ca. 700 Soprane. Eigentlich nahezu unmöglich für mich, dachte ich mir...
Niemals hätte ich je zu wagen geglaubt, dass man mich tatsächlich auswählen würde. Als die Anrufe kamen, dachte ich, es sei ein Traum. Dies war natürlich sehr ausschlaggebend für meinen weiteren Werdegang.

Gibt es eine Traumrolle, die Sie unbedingt singen möchten?
Mein Traum war es schon immer, eines Tages die Rolle der Mimí aus „La Bohème“ von Puccini zu singen. Genauso die Rolle der Violetta Valéry aus „La Traviata“ von Verdi. Leider sterben beide in der Handlung am Ende der Oper. Generell das italienische Belcanto-Fach – dafür schlägt mein Herz.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag einer Opernsängerin aus?
Bevor eine neue Produktion beginnt, bekommt man schon einen groben Zeitplan der kommenden Wochen. Die genauen Szenen, die geprobt werden, werden allerdings meist am Vortag für den nächsten Tag per Mail zugesendet. Dann stehe ich morgens auf, frühstücke und gehe etwas früher ans Theater, wo mir im Bestfall ein Raum zur Verfügung steht, an dem ich Körper und Stimme aufwärmen kann bevor die Proben beginnen. Die Proben finden in einer großen Art Turnhalle statt mit angedeutetem Bühnenbild (erst bei den Endproben der letzten 2 Wochen vor Premiere geht es auf die große Bühne).
Nach der Mittagspause geht es wieder weiter. Während der Proben muss man natürlich nicht stundenlang durchsingen, sondern kann selbstverständlich markieren mit der Stimme, denn hier wird vor allen Dingen mit dem Regisseur szenisch gearbeitet. Der Dirigent und Pianist /Studienleiter sind trotzdem schon dabei und können auch rein musikalische Proben parallel dazu organisieren. Das gesamte technische Team, das für die Bühnentechnik wie Licht, Bühneneffekte, Bühnenumbau usw. zuständig ist, darf natürlich auch nicht fehlen, um alles zu koordinieren.
Zwischendurch bekomme ich auch einen Termin bei der hauseigenen Schneider-Abteilung, wo man die genauen Maße abnimmt und Kostüm-Anproben hat. Bei den Endproben ändern sich dann die Uhrzeiten: Die Proben fangen dann meist erst nachmittags an und gehen mit einer Pause bis spätabends (ca. 22:30 Uhr). Sonntags hat man frei (doch es kommt immer auf die verschiedenen Opernhäuser an, ich gehe jetzt von der Opéra de Lyon aus).

Gibt es eine bestimmte Erinnerung an die Schulzeit hier, die Ihre Liebe zur Musik oder zur Bühne besonders gefördert hat?
Da gibt es mehrere. Den Talentabend, der einmal im Jahr stattfand. Das war immer ein absolutes Highlight, wo wir Schüler antreten und unserer Kreativität freien Lauf lassen, konnten. Die Weihnachtsfeier war auch schon immer etwas ganz Besonderes für uns alle. Mit dem Orchester probten wir schon ein paar Wochen im Voraus dafür. Englische und französische Weihnachtslieder wurden in den Klassen mit den entsprechenden Lehrern einstudiert. Und mein Musiklehrer Herrn Ručys ermöglichte einigen von uns hin und wieder, auch solistisch aufzutreten. Da konnte ich mich schon auf der Bühne ausprobieren.
Es war eine wunderbare und harmonische Zeit, in der wir Schüler viel miteinander lachten und unseren Spaß hatten. Nie werde ich vergessen, wie kurz vor dem Schulabschluss ein Konzert mir zu ehren gegeben wurde. „Giulia & Friends” im Schloss Rennhof, wo ich wie eine Pop-Sängerin auftreten und das Programm gestalten durfte. Das bleibt eine der schönsten Erinnerungen für mich.

Welche Fächer von damals haben Sie in irgendeiner Weise auf Ihren heutigen Beruf vorbereitet, vielleicht unerwartet?
Nun, auf jeden Fall das Fach Französisch. In der Oberstufe wechselten so gut wie alle meine Mitschüler in das Fach Russisch und so blieb ich allein übrig und liebte es, lange Konversationen mit meiner Lehrerin Frau Heidt zu führen und mich auf das mündliche Abitur in diesem Fach vorzubereiten. Dies hat mir auf jeden Fall sehr geholfen und auch gefallen und so kann ich schon von mir behaupten, französisch fließend zu sprechen, was mir in den 2 Jahren in Lyon sehr viel erleichtert hat.
Auch der Deutsch Leistungskurs bei Frau Dr. Hoffmann! Wir nahmen unter anderem Stoffe wie Goethes „Faust“ oder „Medea“ durch, die ich später als Opernwerke wiedergefunden habe. Auch im Englisch Leistungskurs bei Frau Krauter ging es in dieselbe Richtung. Einmal besuchten wir sogar gemeinsam das Schauspiel „Macbeth“ von Shakespeare.

Haben Sie vor jedem Auftritt noch Lampenfieber? Wenn ja, wie gehen Sie damit um?
Es kommt immer darauf an, in was für einem Rahmen der Auftritt stattfindet oder aus welchem Anlass. Vor Premieren auf jeden Fall. Da liegt so eine aufregende Spannung für uns alle in der Luft. Mit den weiteren Vorstellungen und durch die Routine legt sich das dann (wobei jede Vorstellung natürlich immer anders ist). Auch bei Vorsingen/Auditions oder Wettbewerben ist das Lampenfieber sehr stark, wenn es um Bewertung geht, man sein Können innerhalb der gegebenen Zeit unter Beweis stellen muss. Da helfen Atem- sowie Körperübungen davor und mentale Stärke. Natürlich sollte man sich auch sehr gut darauf vorbereiten, sodass man die Texte und die Musik im Schlaf kennt und keine Unsicherheiten daraus entstehen lässt. Jeder muss für sich selbst herausfinden, was einem gut tut. Für mich hat es sich bewährt, eine ausreichende Mahlzeit davor zu mir zu nehmen – nicht nur irgendeine, sondern einen Teller Pasta. Ich bilde mir ein, dadurch besser zu singen.

Wie fühlte es sich an, nach all den Jahren wieder an Ihrer alten Schule, bzw. im Schloss Rennhof, zu sein und vor ehemaligen Lehrern und den jetzigen Schülern aufzutreten?
Es war wie eine Reise in die Vergangenheit. Alles dort war noch genauso wie früher, und ich bekam mehrere Flashbacks - es war sehr emotional für mich. Zugleich fühlte ich, wie die Zeit ihren Lauf genommen hat und wie seltsam es war, wieder dort zu sein, ohne aber die Mitschüler meiner alten Klasse, die heute überall in der Welt verteilt sind. Umso schöner war es, viele ehemalige Lehrer wiederzusehen. Was für eine Ehre, dass sie extra für mich gekommen sind. Es hat mich sehr berührt. Auch nach all den Jahren waren dasselbe Vertrauen, dieselbe Wärme und Herzlichkeit noch genauso präsent.

Was machen Sie am liebsten, wenn Sie gerade nicht auf der Bühne stehen?
Ich genieße es sehr, Zeit mit meiner Familie zu verbringen, vor allem, wenn ich über einen längeren Zeitraum durch die Produktionen weg bin. Der Beruf der Opernsängerin kann auch sehr einsam sein. Umso mehr schätze ich und freue ich mich danach wieder auf die Rückkehr. Ich liebe es auch zu kochen und zu backen und mir viel Zeit dafür zu nehmen und Gastgeberin zu sein.

Welchen Rat würden Sie den heutigen Schülern mit auf den Weg geben, die vielleicht auch einen ungewöhnlichen oder künstlerischen Berufsweg einschlagen möchten?
Zweifelt niemals an euch oder an eurem Wert und gebt niemals auf. Findet und umgebt euch mit Menschen, von denen ihr gesehen/erkannt werdet und die euch fördern oder weiterbringen können. Entwickelt ein Bewusstsein dafür, was euch als Künstler individuell ausmacht und bewahrt euch diese Individualität. Seid immer bereit dazu, weiter an euch zu arbeiten und bleibt offen für konstruktive Kritik und Ratschläge, um weiterzukommen. Habt konkrete Ziele vor Augen und erinnert euch immer wieder an die Leidenschaft, das Feuer in euch, den Grund, warum ihr diesen Weg einschlagen wollt. Mit Mut geht’s gut.

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